Die FAZ Bürgerversicherung würde Zehntausende Arbeitsplätze bedrohen schreibt heute (2016-11-17):
Die Einführung einer gesetzlichen Bürgerversicherung könnte dazu führen, dass viele Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren - in den Privaten Krankenversicherungen (PKV). Zu diesem Ergebnis kommt eine jetzt veröffentlichte neue Studie im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Eine solche von SPD, Grünen und Linken favorisierte gesetzliche Krankenversicherung für alle würde je nach Ausstiegsszenario dazu führen, dass in der PKV zwischen 22.700 und 51.000 Stellen abgebaut werden müssten.
Dieser Stellenabbau entspräche einer Größenordnung von etwa dem Drei- bis Sechsfachen der aktuell bei Tengelmann-Kaiser bedrohten Belegschaft, heißt es in der Studie. Dort mussten nach Gewerkschafts-Angaben zeitweise 8000 der 15.000 Mitarbeiter damit rechnen, entlassen zu werden.
Im Wahljahr 2017 muss sich die PKV wieder auf Angriffe aus der SPD und seitens der Oppositionsparteien einstellen.
Das Gesundheitssystem hat massive Probleme mit Gerechtigkeit (PKV/GKV) und Kostenstruktur. Wir sind konfrontiert mit einer alternder Bevölkerung und stark steigenden Kosten im Gesundheitssystem.
Allein im Jahr 2017 alleine werden die Kosten für PKV um 11% steigen faz.net:
„Zusatzkosten von 50 Euro im Monat und darüber hinaus sind möglich.“
Kosten im Gesundheitssystem (und Rentensystem) sind eines der zentralen Probleme die uns alle in den nächsten 30 Jahren beschäftigen wird. Eine Studie der Bundesbank von 2014 schreibt:
Die prognostizierten Ausgabenanstiege deuten auf eine künftig deutlich höhere Abgabenbelastung hin. In Beitragssätze umgerechnet, würde sich gemäß den EU-Vorausberechnun- gen bis zum Jahr 2060 ein Anstieg auf einen Wert zwischen 16.5% und 21.5% ergeben. Zusammen mit den übrigen alterungsabhängigen Ausgaben im Alterssicherungs- und Pflegebereich sowie im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit könnte der Gesamtsozialversicherungs- beitragssatz danach auf eine Größenordnung von 47.5% bis 54.5% steigen – gegenüber derzeit 39.5%.
Wenn sich nicht ändert, werden meine Kinder im Jahr 2060, etwa 54% ihres Einkommens für GKV, Rente ausgeben müssen. Das ist eine massive Enteignung meiner und der kommenden Generation.
SPD, Grüne und Linke sehen dieses Problem und machen mit der Bürgerversicherung einen konstruktiven Vorschlag wie ein gerechteres und günstigeres System aussehen könnte.
Was macht die FAZ? Schreibt ausschließlich über verlorene Arbeitsplätze in der PKV Industrie!
Was ist das für eine Logik?
Wir haben ein großes, teures, disfunktionales System (PKV).
Wir sollen das System nicht durch ein besseres erstezen, denn:
Das System würde ja dann kaputt gehen.
Mir scheint, dass hier ganz klar Lobbyarbeit betrieben wird. In jedem Falle ist der Bericht extrem einseitig.
Warum linkt FAZ.net nicht zu der Studie? Als kritischer Leser ist es schwierig die Zahlen zu verifizieren.
An alle Rechtesexperten: Darf ich die FAZ hier so zitieren? Oder verletze ich das Leistungsschutzrecht?
Maximilian Held, 2016-11-17, Facebook [1]
Wie ich dieses “Arbeitsplätze”-Pseudo-Argument hasse. Damit kann man in Deutschland immer Angst machen, jeden Wandel verhindern und – leider – gewinnen. Ökonomisch ist es natürlich totaler Unsinn: 1) Sind “Arbeitsplätze” garnicht etwas, was wir maximieren wollen (man stelle sich vor man würde im privaten Haushalt dasselbe tun!), 2) Entstehen natürlich bei hinreichender Faktormobilität anderswo neue Arbeitsplätze. Dieses Argument bei der PKV zu bringen, bei der es überwiegend um reine Verwaltungsjobs geht, also Nullsummenproduktion, ist schon besonders absurd.
Das macht mich so irre, das gerade die Gewerkschaften und andere orthodoxe Linke immer auf dieses Argument einsteigen.
Auch mit diesen einfachen Wahrheiten unterstützt mit man die Trumps + Co.
Natürlich gibt es tatsächliche ökonomische Verwerfungen in der Einführung; die sollte man auch dämpfen, so weit es geht, etwa durch genügend zeitlichen Vorlauf, und eine langsame Einführung. Das gilt aber eigentlich immer für staatliche Eingriffe in die Ökonomie, alleine schon aus Gründen des Vertrauensschutzes und Eigentumsgarantie. Wenn man das langsam und planungssicher genug macht, können Marktakteure entsprechend reagieren. Wenn es schnell und übernacht geht, wird wirklich (sinnlos) Kapital vernichtet.